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„Ich | und | der | Vater | sind | eins.” |
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Evangelium des Johannes, 10, 30 | |||||
nach unten zurück Girolamo schreibt: | |||||
„Mein ehrwürdiger Vater. Ich zweifle nicht im geringsten daran, daß Euch der Schmerz um mein Weggehen sehr betrübt, und mehr noch, um wieviel mehr, da ich im Verborgenen von Euch gegangen bin. Aber ich möchte, daß Ihr meine Seele und mein Ansinnen versteht durch diesen Brief, der Euch tröste und Euch verständlich machen soll, daß ich mich nicht so kindisch davon gestohlen habe, wie sich einige weismachen. | „Honorande mi pater. Io non dubito punto che vi duole assai dolia mia partita, e tanto più, quanto più mi son partita occultamente da voi; ma io voglio che intendiate l'animo e la volontà mia per queste lettere, acciochè vi confortiate ed intendiate, ch'io non mi sia mosso così puerilmente, come alcuni si credono. | ||||
Und vorab will ich Euch als statthaftem Mann, der die vergänglichen Dinge gering achtet, rascher in die Kenntnis der Wahrheit versetzen als die Frauen in ihrem Gefühlsüberschwang; und der Ihr gemäß dem Reich der Vernunft urteilet, wenn ich das Jahrhundert fliehen musste und diesem meinem Vorsatz folgen. | E prima da voi voglio come da uomo virile e sprezzatore delle cose caduche, che più presto voi siate settatore della verità che delle passioni, come fanno le feminelle, e che voi giudichiate seconda l'imperio di ragione, s'io dovea fuggire il secolo e seguire questo mio proposito. | ||||
Zuerst der Grund, der mich veranlasst, in die Religion zu gehen, ist dieser: vor allem das große Elend der Welt, die Schändlichkeit der Menschen, die Ehebrecher, die Bedürftigen, die Hoffart, der Götzendienst, die grausamen Gotteslästerungen, von denen das Jahrhundert übervoll ist, darüber hinaus sich kein Rechtschaffener findet. | In primis la ragione che mi mosse ad entrare nella religione è questa: prima la gran miseria del mondo, le iniquità degli uomini, gli adulterii, i latrocinii, la superbia, la idolatria, le bestemmie crudeli, che'l secolo è venuto a tanto, che più non si trova chi facci bene. | ||||
Sollt' ich nicht mehrmals am Tag die Wehklage anstimmen: Ach, flieh die Grausamkeit der Welt, flieh das Gestade der Habsucht! [Anm.: Zitat aus Vergil, Aeneis, 3. Buch, Erzählung der Irrfahrten] Und das ist der Grund, warum ich die große Bosheit des mit Blindheit geschlagenen italienischen Volkes nicht ertragen konnte, und mehr noch, wie sehr ich die Tugend zu Boden gestoßen sah, und die Laster erhöht. | Dov'io più volte il dì cantava questo verso lagrimando: Heu, fuge crudeles terras, fuge litus avarum! E questo perch'io non potea patire la gran malizia de' cecati popoli dell' Italia, e tanto più, quant'io vedea le virtù essere spinte al fondo, ed i vizii sollevati. | ||||
Das war die größte Leidenschaft, zu der ich in dieser Welt fähig sein konnte, für welche ich jeden Tag den Herrn Jesus Christus gebeten habe, daß er mich von diesem Schmutz befreit, und so brachte ich ständig das kleine Gebet mit der größten Inbrunst vor Gott, indem ich sprach: Zeig mir den Weg im Wandel (des Lebens), so daß sich zu Dir meine Seele erhebe. | Quest'era la maggior passione ch'io potessi avere in questo mondo, per laquale cosa, io pregava ogni giorno Messer Gesu Christo che lui volessi levare di questo fango, e così facea continuamente questa orazione piccolina con grandissima devozione a Dio dicendo : Notara fac mihi viam in qua ambulem, quia ad te levavi animam meam. | ||||
Nun Gott, wie es Dir in Deiner unendlichen Barmherzigkeit gefällt, so hast Du mir es gezeigt, und so habe ich es empfangen, so gut ich unwürdig sei um so viel Gnade. Antworte mir also, ist es nicht große Tugend eines Menschen, die Unreinheit, die Schändlichkeit der elenden Welt zu fliehen, wenn man vernünftig leben will, und nicht als Esel unter den Säuen? | Ora Iddio, quando a lui è piaciuto per sua infinita misericordia, me l'ha mostrata, ed io l'ho ricevuta, bench'io sia indegno di tanta grazia. Rispondetemi adunque: non è gran virtù d'un uоmо, a fuggir le sporcizie, le iniquità del misero mondo, per voler vivere соmе razionale e non come bestia fra li porchi? | ||||
So wäre es nicht eine große Undankbarkeit meinerseits, Gott darum gebeten zu haben, mir den rechten Weg zu zeigen, auf dem ich zu wandeln habe, und Er sich geruht, ihn mir zu zeigen, und ich ihn dann nicht angenommen hätte? Ach weh mir, mein Jesus, lieber tausendmal gestorben, als daß ich gegen dich jemals so undankbar sein könnte für solche Erweisung. | Caeterum non saria stata una grande ingratitudine la mia, ad avere pregato Iddio che mi mostrassi la via dritta, per laquale io abbi a camminare, e lui essendo si degnato di mostrarmela, e poi ch'io non l'avessi accettata? Oime Gesu mio, più tosto mille morti, che contro di te io mai sia ingrato per tal modo. | ||||
Also, sanftmütigster Vater, eher habt Ihr dem Herrn Jesus zu danken, als Tränen zu vergießen, derjenige, der Ihnen einen Sohn geschenkt hat, und ihn hierauf bis zum dreiundzwanzigsten Lebensjahr wohl behütet hat, und nicht nur das, sondern sich auch gnädig erwiesen hat, ihn zu seinem streitbaren Ritter zu machen. O weh mir, schätzt Ihr nicht die große Gnade, einen Sohn zu haben, der Jesu Christi Ritter ist? | Sicchè, dulcissime pater, più tosto avete da ringraziare Messer Gesu che da piangere, il quale vi ha dato un figliuolo, e dipoi vi l'ha conservato fino alli venti tre anni assai bene, e non solamente questo, ma ancora s'è degnato di farlo suo militante cavaliere. Oime, non riputate gran grazia avere uno figliuolo cavaliere di Gesu Christo? | ||||
Aber um es kurz zu machen: Entweder ist es wahr, daß Ihr mich liebt, oder nicht: ich weiss genau, daß Ihr nie sagen würdet, daß Ihr mich nicht liebt. Wenn also Ihr mich liebt, und angenommen, ich bestünde aus zwei Teilen, und zwar aus der Seele und dem Körper, so liebt Ihr entweder mehr den Körper oder mehr die Seele: Ihr könnt nicht sagen den Körper, weil Ihr mich nicht lieben könntet, wenn Ihr den niedrigeren Theil in mir liebtet. Wenn also Ihr die Seele liebt, weil Ihr das Wohl der Seele nicht genügend suchen könnet, wie gewisslich müsstet Ihr jubilieren und ein großes Fest ausrichten über diesen meinen Triumph. | Sed ut breviter loquar: o vero che voi mi amate, o vero no: so bene che non diresti che non mi amate. Se adunque voi mi amate, quum sit ch'io abbi due parti, cioè l'anima ed il corpo, o vero che più amate il corpo, o l'anima: non potete dire il corpo, perché voi non mi ameresti, amando la più vil parte di me. Se adunque voi amate l'anima, perché non cercate ancora il bene dell'anima, che certo voi doveresti giubilare e fare gran festa di questo mio trionfo. | ||||
Aber ich weiss gut, daß man sich das nicht anthun kann, was für ein Fleisch, das nicht ein wenig schmerzt, aber es ist von der Seite der Vernunft her notwendig, sich zu zügeln. Bewahrt seien die großmütigen Menschen, wie Ihr einer seid. Glaubt Ihr nicht, daß es mir große Schmerzen bereitet hat, mich von Euch zu trennen? Gewiss, ich möchte, daß Ihr mir glaubt, daß ich niemals seit ich geboren bin größeren Schmerz empfand, noch größere Betrübnis des Geistes, denn als ich mich vor meinen Augen das eigene Blut verlassen sehe, und unter fremde Menschen gehe, um Jesus Christus meinen eigenen Körper zu opfern, und um meinen eigenen Willen in diejenigen Hände abzugeben, welche ich jemals nicht kannte. | So bene però che non si può fare, che la carne non dolga alquanto, ma si vuole raffrenare dalla ragione. Praesertim dagli uomini magnanimi, come siete voi. Non credete voi che'l mi sia stata gran doglia, a separarmi da voi? Certo io voglio che mi crediate, che giamai dapoi ch'io son nato, non ebbi maggior dolore, ne maggior afflizzione di mente, vedendomi abbandonare il proprio sangue, ed andare fra gente ignota, per fare sacrificio a Gesu Christo del corpo mio, e per vendere la mia propria volontà nelle mani di coloro сhе mai non conobbi. | ||||
Aber hernach vergegenwärtigte ich mir, daß Gott mich ruft, und da Er sich nicht erzürnt hat, sich unter unserem Gewürm zum Knecht zu machen, wäre es niemals sehr kühn (mutig), wenn ich mich seiner sanftmütigsten und so barmherzigen Stimme nicht fügen wollte: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch etc. [Anm.: Zitat aus Matthäusevangelium, 11, 28] | Ma dapoi ripensando che Iddio mi chiama, e che lui non si sdegnò fra noi vermicelli farsi servo, non saria mai tanto ardito ch'io non mi inclinassi alla sua vосе dolcissima e tanto pia: Venite ad me omnes qui laboratis et onerati estis, et ego reficiam vos. Tollite jugum meum super vos etc. | ||||
Aber weil ich weiss, daß Ihr euch über mich beklagt, wie still und heimlich ich von Euch gegangen und quasi geflüchtet bin, wisset, wie ungeheuerlich mein Schmerz war, und die Qual, die ich im Herzen spürte, mich von Euch entfernen zu müssen, wenn ich es Euch offenbart hätte, ich glaube wirklich, daß, vor ich von Euch gegangen wäre, mein Herz zersprungen wäre und mein Denken gelähmt und mein Vorhaben vereitelt hätte. Also daß Ihr euch nicht verwundert, wenn ich es Euch nicht gesagt habe. | Ma perché so che voi di me vi lamentate, che così occultamente sia partite e quasi fuggito da voi, sappiate che tanto era il mio dolore, e la passione ch'io sentiva dentro al cuore, dovendomi partire da voi, che s'io l'avessi manifestato, io credo veramente che innanzi ch'io mi fussi partito da voi, mi saria crepato il cuore, ed avria impedito il mio pensiero ed il mio concetto. Sicché non vi maravigliate, s'io non vi lo dissi. | ||||
Es stimmt, daß ich Euch einige Schriften dagelassen habe, hinter den Büchern, die am Fenster lehnen, die Euch Kenntnis von meiner Sache geben. Ich bitte Euch also, mein lieber Vater, daß Ihr den Tränen ein Ende macht, und daß Ihr mir nicht mehr Traurigkeit und mehr Schmerz bereiten wolltet, welche mir würden, — nicht wegen solcher Schmerzen, die ich bereitet habe, die ich sicherlich nicht rückgängig machen kann, selbst wenn ich glauben könnte, größer zu werden als nicht einmal Cäsar es war, sondern weil ich noch aus Fleisch bin, wie Ihr es seid, und die Gefühlswahrnehmung sich der Vernunft verschließt, die mich dazu zwingt, fürchterlich zu ringen, damit mich der Teufel nicht über die Klinge springen lässt: und um wieviel mehr, wenn ich von Euch höre. | È vero ch'io lasciai certe scritte di dietro dai libri che sono appoggiati alla finestra, i quali vi davano notizia de' fatti miei. Vi prego adunque, padre mio caro, che poniate fine alli pianti, e che non mi vogliate dare più tristezza e più dolore ch'io m'abbi, — non per dolore di questo ch'io ho fatto, che certo io non lo rivocheria, s'io credessi divenire maggiore che non fu Cesare, ma perché per ancora io sono di carne, corne voi, e la sensualità repugna alla ragione, di che mi conviene combattere crudelmente, acciochè il diavolo non mi salti sopra le spalle: e tanto più, quant' io sento di voi. | ||||
Rasch vergingen diese Tage, in denen die frische Wunde schmerzt, und hierauf hoffe ich, daß Ihr und ich in dieser Welt durch die Gnade getröstet sein werden, und dann in der anderen durch die Herrlichkeit. Sonst bleibt nichts zu sagen, als daß ich Euch anflehe, mit aller Kraft meine Mutter zu trösten, die ich zusammen mit Euch um Euren Segen bitte. Und ich werde immer inbrünstig für die Eurigen Seelen beten. | Presto passeranno questi giorni, ne' quali il male è fresco, e dapoi spero che voi ed io saremo consolati in questo mondo per grazia, e poi nell' altro per gloria. Altro non resta, se non ch'io vi prego, come virile confortiate mia madre, la quale io prego insieme con voi, che mi date la vostra benedizione. Ed io sempre pregherò ferventemente per l'anime vostre. | ||||
Aus Bologna, den XXV. April. 1475. Hieronymus Savonarola Euer Sohn. | Ex Bononia, die XXV. April. 1475. Hieronymus Savonarola filius vester. | ||||
Ich lege Euch alle meine Brüder und Schwestern ans Herz, aber besonders empfehle ich Euch Alberto, daß Ihr ihn zum Fleiss anhaltet, weil es Euch zu großer Last und großer Sünde gereichen würde, wenn Ihr ihn seine Zeit verschwenden lassen würdet.” | Io vi raccomando tutti i miei fratelli e sorelle, ma specialmente io vi raccomando Alberto, che voi lo facciate imparare, perchè vi saria gran carico e gran peccato, se lo lasciaste perdere il suo tempo.” | ||||
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![]() „Wer sich um Persönlichkeitsentfaltung und hochwertige Ernährung bemüht, wird jeden Tag mit mehr Intelligenz und Gesundheit in der Seele belohnt. Die Intuition verstärkt sich.” „Die Intuition aber ist der direkte Zugang zur Wahrheit im Universum.” |